Nachdem medizinisch festgestellt wurde, dass sich eine Person in einem geistigen oder körperlichen Zustand befindet, der dazu geführt hat, dass sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann, bzw. keinen eigenen Willen mehr bilden kann, kommt die Anordnung einer gesetzlichen Erwachsenenschutzmaßnahme (gerichtliche Betreuung) in Betracht – wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt. (s. dazu Betreuungsrecht in Frankreich – Vorsorgevollmacht).
Das Vormundschaftsgericht ist dazu verpflichtet, in jedem Einzelfall die persönlichen Bedürfnisse des Betroffenen zu ermitteln und zu prüfen. Daraufhin wird vom Gericht eine Erwachsenenschutzmaßnahme (Betreuung) angeordnet, die speziell auf Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt ist. Einer der Grundgedanken des französischen Betreuungsrechts ist, dass die betroffene Person durch die Anordnung der Betreuung nicht grundsätzlich bevormundet und/oder verwaltet werden soll. Es gilt das Recht des Betroffenen auf Privatautonomie, seine Wünsche und Präferenzen sind zu beachten. Er soll soweit es geht selbst handlungsfähig bleiben, bzw. darin unterstützt werden. Der Betreuer (Vormund/Pfleger) hat auf die individuellen Lebensumstände und Fähigkeiten einzugehen und den gemeinsamen Umgang entsprechend zu gestalten. Ersetzende Entscheidungen durch Betreuer sollen soweit es geht vermieden werden. Zielsetzung ist vielmehr die unterstützte Entscheidungsfindung durch gemeinsames Zusammenwirken von Betreuer und Betreuten.
Gleichwohl gibt es in diesem Zusammenhang einige kritikwürdige Punkte. Beispielsweise stehen bestimmte finanzielle staatliche Unterstützungsmöglichkeiten in direktem Zusammenhang mit der Einrichtung einer Vormundschaft, indem diese als Voraussetzung für den Bezug der sozialen Leistung angesehen wird. Darüber hinaus ist es üblich, dass, sobald ein Betroffener in einer Pflege- oder Behinderteneinrichtung untergebracht werden soll, diese Einrichtungen die Anordnung einer Erwachsenenschutzmaßnahme (Betreuung) zur Voraussetzung für die Aufnahme des Betroffenen in die Einrichtung machen. Außerdem kommt es in der Praxis häufig vor – obwohl die reine Anordnung einer Schutzmaßnahme die Geschäfts- bzw. Handlungsfähigkeit des Betroffenen nicht antastet – es für die Betroffenen sehr schwierig, bzw. unmöglich ist, behördliche, bürokratische oder Bankgeschäfte ohne das Zutun des Vormunds oder Pflegers zu tätigen.
In höchstpersönlichen Bereichen wie z. B. Angelegenheiten in Kindschaftssachen, in der elterlichen Sorge oder Adoption ist die Vertretung durch einen Vormund oder sonstiges Einschreiten durch das Vormundschaftsgericht nicht möglich, es gilt das allgemeine Recht.
Es werden zwei Arten der gesetzlichen Betreuung unterschieden:
1.
Tutelle: Dabei handelt es sich um eine gerichtlich angeordnete Vormundschaft. Der Vormund wird als Vertreter des Betroffenen eingesetzt. Seine Befugnisse werden in jedem Einzelfall vom Gericht festgelegt, je nachdem wie sich die krankheitsbedingte Handlungs(un)fähigkeit des Betroffenen darstellt. Der Richter bestimmt darüber, welche Rechtshandlungen der Betroffene alleine oder nur mit Unterstützung des Vormunds durchführen darf. Die Vormundschaft ist nach dem Willen des Gesetzgebers die Art von Erwachsenenschutzmaßnahme, die in der Regel angeordnet werden soll.
2.
Curatelle: Dabei handelt es sich um eine Pflegschaft, bzw. Beistandschaft. Der vom Gericht bestimmte Pfleger hat – im Gegensatz zum Vormund – grundsätzlich keine eigene Vertretungsmacht, er handelt nicht als Stellvertreter des Betroffenen sondern ist als Unterstützer, bzw. Assistent anzusehen. Die Handlungsfähigkeit des Betroffenen bleibt erhalten. Das Gericht kann aber – in bestimmten Einzelfällen – den Pfleger trotzdem mit einer individuellen Vertretungsmacht ausstatten, wenn es sich um eine sog. verstärkte Pflegschaft handelt oder wenn innerhalb einer angeordneten Pflegschaft die Interessen des Betroffenen stark gefährdet sind, weil er nicht zu einer für ihn dringend erforderlichen (Rechts-)handlung zu bewegen ist.