BETREUUNG IM TÜRKISCHEN RECHT

Das Thema “Betreuung” bzw. “Entmündigung” ist in den Art. 405 ff türk. ZGB (Zivilgesetzbuch) geregelt. Die Regelung zur Betreuung aufgrund Alters befindet sich in Art. 408 türk. ZGB. Danach kann jeder Erwachsene wegen Alter, Behinderung, Unerfahrenheit oder einer schweren Krankheit seine Entmündigung beantragen, wenn er deswegen seine Arbeit nicht mehr führen kann. Diese können auch der Ehepartner bzw. Angehörige beantragen, wenn der Betroffene der Entmündigung zustimmt.

Darüber hinaus kann nach. Art. 405 türk. ZGB eine Betreuung bei geistiger Schwäche einer alten Person beantragt werden. In einem solchem Fall wird der zuständige Betreuungsrichter ein Sachverständigengutachten vom Krankenhaus zu dem Zustand des Betroffenen anordnen. Je nach Ergebnis des Krankenhausberichtes wird man unter Betreuung gestellt oder nicht. Wenn man unter Betreuung gestellt wird, wird ein Angehöriger des Betroffenen als Betreuer bestellt.


In Notfällen – wie z.B. bei einem Arbeitsunfall oder im Alter- , kann der Ehepartner oder eine Angehörige die zu Betreuende nur vertreten, wenn es um eine lebensgefährliche Operation geht. Die Zustimmung für eine solche Operation wird vom Ehepartner bzw. Angehörigen erteilt, wie er sie normalerweise auch für sich selbst erteilen würde. Für andere Rechtsgeschäfte haben Ehepartner oder Angehörige nicht das Recht, die Betroffene zu vertreten.
Eine Vorsorgevollmacht wie im deutschen Recht kennt das türkische Recht nicht. Daher müssen Ehepartner oder Angehörige vor dem Gericht die Betreuung des Betroffenen beantragen und einen Betreuungsbeschluss erwirken. Dann erst dürfen Ehepartner oder Angehörige die zu Betreuende vertreten.
Ein gerichtlich bestellter Betreuer kann für die Betroffene eine Anwaltsvollmacht erstellen lassen, indem er zunächst dies beim Betreuungsgericht beantragt und einen entsprechenden Beschluss dafür erhält. Mit diesem Beschluss und dem Betreuungsbeschluss kann der Betreuer eine Anwaltsvollmacht durch den Notar erstellen lassen.
Der Betreuer benötigt nach Art. 462 türk. ZGB eine gerichtliche Zustimmung für die folgenden Geschäfte:
– Immobilienkauf, -Verkauf, -Pfändung
– Außergewöhnliche Kaufverträge, Verkauf, Übergabe und Pfändung des beweglichen Vermögens,
– Außergewöhnliche Bauarbeiten,
– An- und Ausleihe,
– Verpflichtung für eine Auswechselung,
– Abschluss eines Pachtvertrages für mehr als ein Jahr, Abschluss eines Mietvertrags für mehr als drei Jahre,
– Durchführen eines Berufes oder Handwerk,
– Klageeinreichen, ein Vergleich, ein Schiedsverfahren oder ein Arrangement abzuschließen,
– Verträge zum Ehevermögen bzw. zur Aufteilung des Nachlasses oder der Übertragung von Eigentum abzuschließen,
– Erklärung der Zahlungsunfähigkeit,
– Lebensversicherung abzuschließen,
– Lehrvertrag abzuschließen,
– Einweisung der Person in eine Ausbildungs-, eine Pflege- oder medizinische Einrichtung,
– Wohnsitz zu ändern,
Eine der wesentlichen Aufgaben des Betreuers ist die Vermögensverwaltung. In Art. 438 ff türk. ZGB werden diesbezüglich Rechtsvorschriften geregelt. Nach Abschluss der Entscheidung der Betreuung, muss ein Vermögensverzeichnis erstellt werden, das vom Gericht unverzüglich geprüft wird. Handelbare Wertpapiere, Wertsachen, wichtige Dokumente und dergleichen, werden unter Aufsicht vom Gericht an einem sicheren Ort verwahrt. Wenn das Interesse der zu Betreuenden es erforderlich macht, werden die weiteren wertvollen Vermögensgegenstände und bewegliches Vermögen durch eine öffentliche Versteigerung des Gerichts verkauft. Der Richter kann den Verkauf auch im Rahmen einer Verhandlung beschließen. Das Geld, das nicht für die Verwaltung des Vermögens zu Betreuenden verwendet wird, ist auf einer nationalen Bank zu verzinsen. Der Verkauf von Immobilien, ist nur in Ausnahmefällen und, auf Anweisung des Gerichts und nur in Fällen, wo das Interesse der Person, die unter Betreuung steht dies erforderlich macht, möglich. Nachfolgende Vermögensverfügungen sind verboten wie Standsicherheit, Gründung einer Stiftung und Spenden im Namen der Person, die unter Betreuung ist.

Das Gericht prüft die Vermögensberichte und Konten von Amts wegen, die vom Betreuer in bestimmten Zeiträumen vorgelegt werden müssen. Ein Betreuer wird grundsätzlich für zwei Jahre bestellt. Das Gericht kann die Dauer zwei Jahre verlängern.
Im Ausland erstellte Vollmachten müssen durch das türkische Konsulat beglaubigt werden. Anderenfalls bleibt die ausländische Vollmacht in der Türkei Wirkungslos. Wenn eine Vollmacht zur Beurkundung in der Türkei erforderlich ist (z.B: für Immobilienverkauf), ist es ausreichend diese im türkischen Konsulat ausstellen zu lassen.

Av. Melis Ersöz, LL.M.

KocaErsöz Anwaltskanzlei, Istanbul