VORSORGEAUFTRAG UND PATIENTENVERFÜGUNG IN DER SCHWEIZ

Das gesetzliche Vertretungsrecht ist in der Schweiz Ehegatten und eingetragenen Partnern vorbehalten: wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmäßig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine Beistandschaft besteht. Das gesetzliche Vertretungsrecht umfasst alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind, die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte sowie nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.

Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner oder dem Vorsorgebeauftragten eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt. Die Erwachsenenschutzbehörde ordnet eine Maßnahme an, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder private oder öffentliche Dienste nicht ausreicht oder von vornherein als ungenügend erscheint.

Im Rahmen der gewillkürten Vertretung gibt es in der Schweiz den sog. Vorsorgeauftrag, der einer Vollmacht für den Fall der Urteilsunfähigkeit entspricht, und die Patientenverfügung, die sich auf medizinische Belange beschränkt. Mit einem Vorsorgeauftrag kann eine handlungsfähige Person eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten. Im Vorsorgeauftrag müssen die Aufgaben, die der beauftragten Person übertragen werden sollen, umschrieben werden; zudem können Weisungen für die Erfüllung der Aufgaben erteilt werden. In einer Patientenverfügung kann eine urteilsfähige Person festlegen, welchen medizinischen Maßnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt. Als Formerfordernis gilt Schriftlichkeit (inkl. Datierung und Unterschrift). Vom Vorsorgeauftrag und der Patientenverfügung abzugrenzen ist die allgemeine Vollmacht, welche jederzeit erteilt werden kann, sofern der Vollmachtgeber urteilsfähig ist.

Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder öffentlich zu beurkunden. Der eigenhändige Vorsorgeauftrag ist von der Auftrag gebenden Person von Anfang bis Ende von Hand niederzuschreiben, zu datieren und zu unterzeichnen. Das Zivilstandsamt trägt auf Antrag die Tatsache, dass eine Person einen Vorsorgeauftrag errichtet hat, und den Hinterlegungsort in eine zentrale Datenbank ein. Eine behördliche Bestätigung, dass der Verfasser einen Vorsorgeauftrag genauso gewünscht hat, ist nicht notwendig. Die auftragsgebende Person kann ihren Vorsorgeauftrag jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.

Welche Angelegenheiten (Gesundheit, Vermögen, Aufenthalt, Post, Umgangsrecht) der Vorsorgeauftrag umfasst, hängt von der konkreten Formulierung ab. Üblich ist, dass nur die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte erfasst ist. Üblich ist auch, dass die Erledigung der Post erfasst ist. Der Umgang unter Erwachsenen (Besuchsrechte etc.) wird im Vorsorgeauftrag in der Regel nicht geregelt.

Betreffend Heimeinweisung gilt das folgende: Da es sich bei einer Heimeinweisung um einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit handelt, erfolgt eine solche oft unter Mitwirkung der Erwachsenenschutzbehörde. Die Erwachsenenschutzbehörde trifft von Amts wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Maßnahmen. Sie kann insbesondere der beauftragten Person Weisungen erteilen.

Erfährt die Erwachsenenschutzbehörde, dass eine Person urteilsunfähig geworden ist, und ist ihr nicht bekannt, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt, so erkundigt sie sich beim Zivilstandsamt. Liegt ein Vorsorgeauftrag vor, so prüft die Erwachsenenschutzbehörde, ob dieser gültig errichtet worden ist, ob die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit eingetreten sind, ob die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist und ob weitere Maßnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind.

Im internationalen Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz gilt das Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen. Dieses enthält den Grundsatz, dass die von den Behörden eines Vertragsstaats getroffenen Maßnahmen kraft Gesetzes in den anderen Vertragsstaaten anerkannt werden.

Emanuel Schiwow
lic. iur., Rechtsanwalt, LL.M, Partner

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