Internationales Betreuungsrecht – Österreich

Vorsorgevollmacht
Mit der österreichischen Vorsorgevollmacht kann der Vollmachtgeber alle Angelegenheiten (Vermögen, Gesundheitssorge, Aufenthalt) nach seinen Wünschen und Vorstellungen individuell regeln. Zu beachten ist, dass die Vollmacht deutlich und konkret formuliert wird. Bei einem zu allgemein gehaltenen oder zu unbestimmten Vollmachtstext besteht die Gefahr, dass Probleme im Rechtsverkehr entstehen, die in der Folge zur Unwirksamkeit der Vollmacht führen können.
In welcher Form die Vollmacht erstellt werden muss hängt auch vom Inhalt der Vollmacht ab:
Grundsätzlich muss die Vollmacht entweder handschriftlich verfasst und unterschrieben sein.
Wenn sie nicht vom Vollmachtgeber selbst geschrieben, aber von diesem unterschrieben wurde, müssen für ihre Wirksamkeit 3 Zeugen anwesend sein.
Außerdem kann die Vollmacht auch vor einem Notar errichtet und notariell beurkundet werden.
Wenn die Vollmacht weitreichende Befugnisse des Vertreters umfasst, z. b. die Entscheidung über (Nicht-)Einwilligung in medizinische Behandlungen, die Erledigung von umfangreichen Vermögensangelegenheiten, die nicht zum gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehören oder Entscheidungen über die dauernde Änderung des Wohnorts muss diese vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder bei Gericht errichtet werden. Die eigenhändige privatschriftliche Form genügt in diesen Fällen nicht.
Als Bevollmächtigter kann grundsätzlich jede Person eingesetzt werden, der das dafür erforderliche Vertrauen durch den Vollmachtgeber entgegengebracht wird. Ausgeschlossen sind aber Personen, zu denen der Vollmachtgeber in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis steht, aus dem sich leicht ein Vollmachtmissbrauch durch den Bevollmächtigten ergeben könnte. Nicht bevollmächtigt werden können demnach z. B. Mitarbeiter von Krankenhäusern, Pflegeanstalten oder anderen Einrichtungen, in denen der Vollmachtgeber untergebracht ist.

Ab wann darf die Vorsorgevollmacht verwendet werden, bzw. ab wann wird sie wirksam?
Die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht tritt erst dann ein, wenn der Vollmachtgeber die Äußerungsfähigkeit, die Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder die Geschäftsfähigkeit verliert. Wenn ein Bevollmächtigter schon davor vertretungsberechtigt sein soll, kann die Vorsorgevollmacht mit einer allgemeinen rechtsgeschäftlichen Vollmacht kombiniert werden. Dann kann der Bevollmächtigte aufgrund der rechtsgeschäftlichen Vollmacht ab dem Zeitpunkt der Erstellung für den Vollmachtgeber handeln, aufgrund der Vorsorgevollmacht aber erst ab den o. g. Zeitpunkten. Zusätzlich muss für die Verwendung der Vorsorgevollmacht noch ein ärztliches Zeugnis eingeholt werden, welches den Schweregrad der Einsichts-, Urteils- bzw. Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers beurteilt. Anhand dieser Beurteilung zeigt sich, inwieweit die Vorsorgevollmacht eingesetzt werden darf.
Eine Registrierung der Vollmacht erfolgt im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis.

Die Vorsorgevollmacht ist grundsätzlich dazu geeignet, ein gerichtliches Sachwalterschaftsverfahren zu verhindern. Es kommt darauf an, ob alle Angelegenheiten, deren Besorgung durch einen Vertreter oder Sachwalter erforderlich wird, in der Vollmacht enthalten sind. Wenn einzelne Aufgabenbereiche nicht von der Vollmacht umfasst sind, bedeutet dies nicht, dass diese unwirksam wird, wenn der Betroffene für die nichtgeregelten Bereiche dann doch eine gerichtliche Vertretung braucht. In solchen Fällen bleibt die Vollmacht wirksam, der Betroffene wird vom Bevollmächtigten im Rahmen seiner Befugnisse vertreten. Für die anderen Bereiche wird daneben bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Sachwalter gerichtlich bestellt.
Auch in dem Fall, in dem der Bevollmächtigte die Vollmacht nicht im Interesse des Vollmachtgebers ausübt kann vom Gericht ein Sachwalter bestellt werden. Ebenso dann, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr vom Bevollmächtigten vertreten werden möchte.

Gesetzliche Betreuung (Sachwalterschaft)
Eine Sachwalterschaft wird dann eingerichtet, wenn eine Person nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln weil sie ihre Urteils-, Entscheidungs- oder Geschäftsfähigkeit verloren hat. Sie ist grundsätzlich nachrangig, zuvor müssen alle anderen möglichen Unterstützungsmöglichkeiten ausgeschöpft sein. Es muss also zuvor geprüft werden, ob eine wirksame Vorsorgevollmacht vorliegt, die ein Sachwalterschaftsverfahren ausschließen könnte, und/oder auch die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Angehörigenstellvertretung nicht gegeben sind.
Das Gericht muss regelmäßig (spätestens alle 5 Jahre) überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Sachwalterschaft noch vorliegen oder ob sich der gesundheitliche Zustand, bzw. die Lebensumstände des Betroffenen so gebessert hat/haben, dass sie aufgehoben oder eingeschränkt werden kann.
Der Sachwalter besitzt Vertretungsmacht für den Betroffenen im Rahmen seiner Aufgabenkreise. Dies bedeutet nicht, dass der Betroffene mit der Sachwalterbestellung grundsätzlich seine Geschäftsfähigkeit verliert. Nur in den angeordneten Aufgabenkreisen bleibt ein vom Betroffenen selbst abgeschlossenes Rechtsgeschäft so lange unwirksam, bis der Sachwalter zustimmt. In allen anderen Angelegenheiten bleibt der Betroffene voll geschäftsfähig. Die vom Betroffenen geschlossenen kleinen Geschäfte des täglichen Bedarfs sind im Übrigen immer wirksam.
Wenn es um schwierige Entscheidungen mit weitreichenden Folgen für den Betroffenen geht, muss der Sachwalter die Genehmigung des Gerichts einholen. So z. B. bei schwerwiegenden gesundheitlichen Fragen, Änderung des Wohnorts des Betroffenen, Immobilienangelegenheiten oder bei umfangreichen Vermögensentscheidungen.
Üblicherweise wird ein Sachwalter für alle in Frage kommenden Aufgabenbereiche bestellt, es können aber auch mehrere Betreuer eingesetzt werden. Seine Tätigkeit wird vom Gericht überwacht, die Berichterstattung gegenüber dem Gericht erfolgt jährlich.
Für das Sachwalterschaftsverfahren ist das Bezirksgericht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betroffenen zuständig.
Betreuungsverfügung / Sachwalterverfügung
Jede Person kann für die Zukunft eine formfreie Sachwalterverfügung erstellen. Damit wird eine (oder mehrere) Person benannt, die zum Sachwalter bestellt werden soll, falls es zu einem entsprechenden Verfahren kommen sollte. Die Gerichte müssen bei der Sachwalterbestellung diesen Wunsch des Betroffenen berücksichtigen, sind aber nicht daran gebunden. Eine Registrierung dieser Verfügung kann im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis erfolgen.

Patientenverfügung
Patientenverfügungen werden in 2 Gruppen eingeteilt. Es gibt die verbindliche Patientenverfügung und die beachtliche.
Bei der verbindlichen Patientenverfügung sind strenge Formvorschriften zu beachten, sie gilt bindend für alle Beteiligten. Sie muss nach umfassender ärztlicher Aufklärung und Belehrung über die Folgen schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Mitarbeiter einer Patientenvertretung erstellt werden und kann in das Patientenverfügungsregister bei der Notariatskammer eingetragen werden. In der Verfügung müssen alle Maßnahmen, die von dem Patienten abgelehnt werden, konkret beschrieben werden. Außerdem muss der Patient eigene Erfahrungen vorweisen können, die ihn in die Lage versetzen, die Folgen der Patientenverfügung abschätzen zu können.
Spätestens nach 5 Jahren verliert sie ihre Verbindlichkeit, wenn sie nicht zuvor erneuert wurde. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Patient in der Zwischenzeit seine Einsichts-, Äußerungs- bzw. Urteilsfähigkeit verloren hat und sie deshalb nicht erneuern konnte. Wenn sie ihre Verbindlichkeit verliert, weil eine der Wirksamkeitsvoraussetzungen fehlt oder weggefallen ist, wird sie in der Regel als beachtliche Patientenverfügung behandelt. Sie kann jederzeit widerrufen werden. Die Verbindlichkeit fällt auch dann weg, wenn bekannt wird, dass die Verfügung unter Druck, nicht ernsthaft oder durch strafrechtlich relevantes Verhalten zustande gekommen ist. Außerdem dann, wenn sich der Wissensstand der Medizin in der Zwischenzeit maßgeblich verändert hat.
Die beachtliche Patientenverfügung ist für die Beteiligten nicht bindend, dient aber der Willensermittlung des Patienten. Sie muss schriftlich erfolgen, unterliegt darüber hinaus aber keinen weiteren Formvorschriften. Sie bezieht sich darauf, dass im Falle einer tödlich verlaufenden Krankheit auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden soll. Sie dient als Anhaltspunkt für die behandelnden Ärzte, den Willen des Patienten, der sich jetzt nicht mehr äußern kann, zu ermitteln und dann die Entscheidung zu treffen, die dem Willen des Patienten entspricht.