DAS RECHTSINSTITUT DER VORMUNDSCHAFT IN KROATIEN

Rechtsanwälte Vaic & Dvornicic

In der Republik Kroatien wird das Rechtsinstitut der Vormundschaft im Familiengesetz  geregelt, in dem sie als eine Form des Schutzes  Minderjähriger ohne elterliche Sorge, Volljähriger, die nicht in der Lage sind für sich zu sorgen, sowie von Personen, die aus anderen Gründen nicht in der Lage sind ihre Rechte und Interessen zu wahren, definiert wird. Mündel können also nach kroatischem Gesetz minderjährige sowie volljährige Personen sein.

Minderjährigen wird durch einen Vormund die elterliche Sorge ersetzt, wohingegen Volljährigen durch Vormundschaft der Schutz ihrer Persönlichkeit durch Unterbringung, ärztliche Behandlung und Befähigung für Arbeit und Leben garantiert wird,  sowie Schutz ihrer Vermögensrechte und Interessen.
Zuständig für die Vormundschaft sind nach dem Familiengesetz das Sozialamt (das innerhalb des Ministeriums für Sozialpolitik und Jugend tätig ist), ein  Vormund und ein besonderer Vormund. In diesem Artikel wird der gesetzliche Rahmen des Instituts der Vormundschaft für volljährige Personen erörtert.
2012 wurde in Kroatien 0,37% der Bevölkerung die Geschäftsfähigkeit entzogen, davon 88%  dieser Personen wurde sie gänzlich (Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt) und  12%  teilweise (einfache Betreuung) entzogen.
VORMUNDSCHAFT UND ELTERLICHE SORGE FÜR VOLLJÄHRIGE
Ein Vormund wird jenen volljährigen Personen an die Seite gestellt, für die vom Gericht einfache Vormundschaft (Betreuung ) oder Vormundschaft (Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt)  angeordnet wurde. In einem außergerichtlichen Verfahren entzieht das Gericht Personen die Geschäftsfähigkeit, wenn diese wegen psychischer Störungen oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, sich um ihre persönlichen Bedürfnisse, Rechte und Interessen zu kümmern, oder wenn sie die Rechte und Interessen anderer Personen gefährden. Bevor das Gericht einen Beschluss fasst, hat es ein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand der Person einzuholen, für die das Verfahren eingeleitet ist. Dieser Person wird während der Verfahrensdauer ein besonderer Betreuer (Verfahrenspfleger ) seitens des Sozialamts bestellt.

Personen, denen die Geschäftsfähigkeit entzogen  wurde, stellt das Sozialamt unter Vormundschaft und bestellt ihnen binnen 30 Tagen ab Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses einen Vormund. Bei beschränkt geschäftsfähigen Personen bestimmt das Gericht die Maßnahmen, Handlungen und Geschäfte, die diese Person nicht selbstständig ausführen bzw. tätigen kann, wobei sie alle anderen, ihr nicht untersagten Handlungen , auch weiterhin selbständig ausführen kann.

Falls eine Person, der die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde, Eltern hat, die zustimmen und in der Lage sind, sich  um das volljährige Kind zu kümmern, fällt das Sozialamt  eine Entscheidung über die elterliche Sorge nach Vollendung der Volljährigkeit.
 
Es ist vorgeschrieben, dass ein Arzt für Personen, denen die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde, alle 3 Jahre auf Verlangen des Sozialamts ein Gutachten über den diesbezüglichen Gesundheitszustand des Mündels abgibt.
Zur Aufhebung der Vormundschaft bzw. der elterlichen Sorge nach der Volljährigkeit  ist ein rechtskräftiger Gerichtsbeschluss über die Rückerstattung der Geschäftsfähigkeit erforderlich. Die Zahl solcher Fälle ist jedoch wirklich nicht nennenswert.

VORMUNDSCHAFT IN  BESONDEREN FÄLLEN
Im Gesetz ist das Rechtsinstitut der Vormundschaft in besonderen Fällen zum Schutz einzelner vermögensrechtlicher und  persönlicher  Rechte und Interessen vorgesehen.
 
Volljährigen Personen wird ein besonderer Vormund (entspricht dem Ergänzungsbetreuer, Ergänzungs- oder Abwesenheitspfleger bzw. Verfahrenspfleger) seitens des Sozialamts in folgenden Fällen bestellt :
–         einer Person, für die ein Antrag auf Entziehung der Geschäftsfähigkeit gestellt .         wurde
–           einer Person, deren Aufenthaltsort mindestens 3 Monate unbekannt ist, oder
die nicht erreichbar ist und keinen Bevollmächtigten hat
–           einem Mündel, wenn bei Vermögensverfahren oder Streitigkeiten bzw. beim
Abschluss einzelner Rechtsgeschäfte ein Interessenkonflikt zwischen ihm und                                             ,         seinem Vormund oder näheren Verwandten bzw. dem Ehegatten des
Vormunds besteht
–            Mündeln bei einem Streit oder beim Abschluss eines Rechtsgeschäfts miteinander, wenn beide denselben Vormund haben
–           in anderen Fällen, wenn es zum Schutz der Rechte und Interessen der Person nötig ist
 
Oft wird wegen der anhängigen Verfahren vor Gericht oder anderen Behörden ein besonderer Vormund bestellt. Wenn im Verfahren als Partei eine Person auftritt, deren Aufenthaltsort mindestens 3 Monate nicht bekannt ist oder die nicht erreichbar ist und keinen Bevollmächtigten hat, bestellt ihr das Sozialamt nur auf die Benachrichtigung durch das Gericht oder eine Behörde, vor der das Verfahren über ihre Rechte und Pflichten geführt wird, einen besonderen Vormund.
Unter bestimmten Bedingungen kann die verfahrensleitende Behörde selbst  diesen Personen  einen Vormund bestellen. In so einem Fall hat diese Behörde die Pflicht,  unverzüglich das Sozialamt zu benachrichtigen, das einem  so bestellten Vormund gegenüber dieselben Befugnisse hat, wie gegenüber einem, den  es selbst bestellt hat.
 
Die Rechte und Pflichten eines besonderen Vormunds werden in dem Beschluss  über seine Bestellung festgelegt. Seine Rechte und Pflichten enden mit dem  endgültigen Beschluss über die Aufhebung der Vormundschaft.

DER VORMUND
Das Familiengesetz unterscheidet die direkte Vormundschaft – wenn sie  ein  Beschäftigter des Sozialamts übernimmt, und eine indirekte Vormundschaft – wenn sie eine natürliche Person übernimmt, die aufgrund eines Beschlusses über die Bestellung eines Vormunds der Vormund wird.
Als Vormund wird eine solche Person berufen, die Eigenschaften und Fähigkeiten besitzt, um die Vormundschaft zu übernehmen und die einwilligt, Vormund zu sein. Auch besteht kein Hinderungsgrund darin, dass eine Person Vormund mehrerer Mündel ist, wenn das nicht mit ihren Interessen in Konflikt gerät.
Laut Familiengesetz kann eine Person keine Vormundschaft übernehmen. :
–          der die elterliche Sorge entzogen wurde,
–          der die Geschäftsfähigkeit entzogen wurde,
–          deren Interessen im Konflikt mit den Interessen des Mündels sind,
–          von der man in Bezug auf ihr Verhalten und ihren Charakter sowie ihr Verhältnis zum Mündel nicht erwarten kann, dass sie die Aufgabe des Vormunds ordnungsgemäß ausführen wird,
–          mit der das Mündel einen Vertrag über lebenslangen Unterhalt geschlossen hat,
–          mit deren Ehegatten das Mündel einen Vertrag über lebenslangen Unterhalt geschlossen hat.

In Kroatien ist bisher keine besondere Ausbildung zum Vormund vorgeschrieben. Die Beschäftigten des Sozialamts sind in der Regel Juristen, Sozialarbeiter, Psychologen u. Ä. und sind wegen ihrer beruflichen Kenntnisse daher in der Regel geeigneter,  eine Vormundschaft zu übernehmen.

Was das Entgelt betrifft, so ist es eher symbolisch für die Tätigkeit des Vormunds und beträgt gegenwärtig monatlich ca. 15 EUR. Wenn als Vormund für besondere Fälle   Rechtsanwälte bestellt werden, haben sie das Recht auf 50% des Honorars, das sie nach dem Anwaltstarif erhalten würden.

Aufsicht über das Verhältnis zwischen Vormund und Mündel führt das Sozialamt. Der Vormund hat die gesetzliche Pflicht, alle 6 Monate, je nachdem wie und wann es das  Sozialamt verlangt, einen Bericht über seine Arbeit und die Vermögenslage des Mündels zu erstatten. Falls es sich um einen Vormund handelt, der  sein Mündel  unterhalten muss, muss er einmal jährlich Bericht erstatten und ferner wenn es das Sozialamt verlangt. Überdies muss ein Sozialamtsmitarbeiter mindestens zweimal jährlich das Mündel besuchen, sowie auch wenn es der Vormund oder das Mündel verlangt  und darüber binnen 8 Tagen einen Bericht verfassen.
Selbstverständlich ist es ausdrücklich vorgeschrieben, dass sich ein Vormund gewissenhaft um die Person, Rechte, Pflichten und das Wohlbefinden des Mündels kümmern und sein Vermögen verwalten muss.   Die Rolle des Vormunds ist, das Mündel zu vertreten, aber auch selbständig regelmässig das Vermögen des Mündels zu verwalten, wenn es vom Sozialamt nicht anders angeordnet wurde.
Allerdings unterwirft der Gesetzgeber für wichtige Maßnahmen bezüglich der Person, des persönlichen Zustands oder der Gesundheit des Mündels  den Vormund einer zusätzlichen Kontrolle des Sozialamts, das in solchen Fällen dafür  eine Genehmigung geben muss. Ohne Genehmigung des Sozialamts kann ein Vormund die Immobilien seines Mündels weder veräussern noch belasten oder aus der Immobilie des Mündels Wertsachen veräussern sowie über die Vermögensrechte des Mündels verfügen.

Ein Vormund haftet für den Schaden, den er während seiner Tätigkeit  als Vormund verursacht hat. In diesem Fall stellt das Sozialamt die Höhe des Schadens fest und fordert den Vormund auf, den Schaden in einer bestimmten Frist zu ersetzen. Gleichzeitig stellt das Sozialamt beim Gericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung, um die Forderung des Mündels am Vermögen des Vormunds abzusichern. Falls der Vormund in der bestimmten Frist den Schaden nicht ersetzt, reicht das Sozialamt die Schadensersatzklage direkt oder über einen besonderen Vormund ein.

Rechtsgeschäfte, die ein Vormund in Namen des Mündels ohne die nötige Zustimmung oder mit sich selbst bzw. mit seinem Ehegatten schließt, sind nichtig und verpflichten zu Schadensersatz, im Falle eines entstandenen Schadens.
Ein Vormund kann bei Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten auch strafrechtlich verfolgt werden. Laut Strafgesetz ist Untreue eine Straftat, sie besteht in einem Missbrauch der gesetzlichen oder vertraglichen Befugnisse bei der Vertretung der Vermögensinteressen einer anderen Person und der daraus folgenden Verursachung eines Vermögensschadens für die von ihm vertretene Person. Wenn der Vormund diese Straftat begeht, handelt es sich dann um eine qualifizierte Form der Straftat, wofür  eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten bis 5 Jahre vorgesehen ist.

VORSORGEVOLLMACHT
Das kroatische Rechtssystem kennt noch immer nicht das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht im Sinne des deutschen Begriffs für dieses Institut.  Allerdings ist  dieses Institut Gegenstand des Vorschlags für das neue Familiengesetz, das im Verlauf von 2014 in Kraft treten soll. Nach diesem Gesetzesvorschlag könnte eine Person eine Urkunde abfassen in der sie, für den Fall dass man ihr die Geschäftsfähigkeit entzieht, eine andere Person als ihren Vormund benennen könnte.  Im Gesetzesentwurf  ist vorgesehen, dass diese Urkunde in der Form einer notariellen Urkunde abgefasst wird. Der  gegenwärtige Vorschlag lautet, dass das Sozialamt einen solchen Bevollmächtigten  als besonderen Vormund bestellt, nachdem es festgestellt hat, ob er die Bedingungen für einen Vormund      erfüllt.