Italien: Vollmachten für den Notfall

Das italienische Recht kennt keine automatische Vertretung im Notfall. Vielmehr ist bei Gericht ein entsprechender Antrag durch den Angehörigen oder den Betreuungsbedürftigen zu stellen. Die Artikel 404 – 413 des Codice Civile (Bürgerliches Gesetzbuch von Italien) enthalten insoweit die gesetzlichen Regelungen zum Thema Betreuung. Der Vertreter-Betreuer (sog. „amministratore di sostegno“) wird nach vorhergehender Prüfung vom Betreuungsgericht ernannt.

Zudem gibt es in Italien zumindest förmlich das Instrument der Vorsorgevollmacht, die es zu beachten gilt, soweit der Vollmachtgeber bei Errichtung im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Diese Vorsorgevollmacht ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften des italienischen codice civile (BGB).

Die Vollmachten müssen nicht vor Behörden oder Amtspersonen erstellt werden. Es ist aber ratsam, die Vollmacht in der Form einer öffentlichen Urkunde (d.h. vor dem Notar) abzufassen. Dabei ist gemäß Art. 48 des italienischen Notarsgesetz (Verzicht von Zeugen) die Unterzeichnung durch Zeugen nicht erforderlich.

Eine extra Bestätigung, dass der Vollmachtgeber die Vollmacht auch so gewünscht hat, ist nicht notwendig.

Die Vollmacht erstreckt sich grundsätzlich auf die Lebensbereiche Vermögen, gesundheitliche Versorgung, Aufenthalt (auch Heimeinweisung), Post, Umgangsrecht.

Allerdings muss im Einzelfall geprüft werden, dass von dem Betreuer keine Entscheidungen getroffen werden, die die Rechte Dritter beeinträchtigen, so z.B. wenn versucht werden sollte, den Umgang mit nahen Verwandten, wie Kindern oder Ehegatten, zu unterbinden.

Der Notar kontrolliert inhaltlich die Vollmacht, wenn sie vor ihm abgeschlossen wird. Der Vollmachtgeber und das Betreuungsgericht haben die Möglichkeit, die Vollmacht zu widerrufen. Grundsätzlich kann die Vorsorgevollmacht auch von Personen angefochten werden, die einen Rechtsanspruch haben könnten.

Eine staatliche Genehmigungsstelle für die Vollmachten gibt es dennoch nicht.

Eine Vollmacht aus Deutschland würde in Italien prinzipiell anerkannt werden. Es wäre im Einzelfall zu sehen, für welche Lebensbereiche diese deutsche Vorsorgevollmacht nicht ausreichend sein dürfte (z.B. der Verkauf einer Liegenschaft in Italien). Zu beachten ist, dass – im Gegensatz zum deutschen Zivilrecht – über den Tod hinaus wirkende (transmortale) oder postmortale Vollmachten nicht anerkannt werden, da nach den Bestimmungen des italienischen Rechts eine Vollmacht grundsätzlich mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt.

Doris Reichel
Avvocato/Rechtsanwältin

Studio Legale Reichel, Mailand