Betreuung Geschäftsunfähiger in Australien

 Die Planung einer Betreuung für den Notfall ist insbesondere bei Auslandsbezug stets anzuraten. Auch wenn bereits Verfügungen in Deutschland getroffen worden sind, wird damit den besonderen Anforderungen, die sich aus einer australischen Auslandsberührung ergeben, nicht genügend Rechnung getragen. In auftretenden Rechtsfragen wird eine deutsche Vollmacht durch den australischen Richter nach australischem Recht beurteilt. Man sollte nicht damit rechnen, dass diese in Australien anerkannt wird. Es ist daher anzuraten, in beiden Staaten nach den jeweiligen rechtlichen Anforderungen Vorsorge zu treffen.

Das in Australien anzuwendenden Recht birgt einige Unterschiede zu anderen Rechtssystemen. Nach australischem Recht tritt im Betreuungsfall nicht automatisch ein Familienangehöriger als Vertreter des zu Betreuenden in alle rechtlichen und persönlichen Belange ein. Hierfür ist grundsätzlich vorab eine Erklärung einer solchen Betreuung notwendig. Schwierigkeiten aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme können vermieden werden, wenn die australische Rechtsordnung umfassend, unter Beachtung der rechtlichen Besonderheiten der unterschiedlichen Bundesstaaten, berücksichtig wird. Dies ist insbesondere wichtig, wenn sich Grundstücksvermögen in Australien befindet.

Im Folgenden wird die Rechtslage in Western Australia näher erläutert.

Das für Western Australia maßgebliche Gesetz Guardianship and Administrative Act 1990 (WA) enthält die für die Betreuung notwendigen Anforderungen an eine sog. „Enduring Power of Attorney“ Erklärung. Zusätzlich birgt es noch zwei weitere Formen der betreuenden Unterstützung, die sich „Enduring Power of Guardianship“ und „Advance Health Directives“ nennen.

„Enduring Power of Attorney“ ist ein rechtliches Dokument – ähnlich einer Vollmacht im deutschen Recht -, das den Vertreter (Attorney) berechtigt, Entscheidungen bezüglich der Finanzen und Grundstücksvermögen für den Vollmachtgeber zu treffen, wenn er unfähig ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen.

In Western Australia, muss eine solche Erklärung in der Präsenz von zwei unabhängigen Zeugen von der Person unterzeichnet werden, die die Erklärung abgeben will. Einer dieser Zeugen muss eine unter dem Oaths, Affidavits and Statutory Declaration Act 2005 autorisierte Person sein. Die Mindestvoraussetzungen des weiteren Zeugen sind das Erreichen des Alters von 18 Jahren und keine Personengleichheit mit dem Attorney.

Der Vollmachtgeber muss zum Zeitpunkt des Aufsetzens der Erklärung fähig sein, Entscheidungen zu treffen. Bestehen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit sollte eine schriftliche Bestätigung eines dafür qualifizierten Arztes angestrebt werden.

Die Erklärung kann bei Vorhandensein der Geschäftsfähigkeit jederzeit widerrufen werden.

Falls keine Erklärung abgeben wurde und die Geschäftsunfähigkeit eintritt, wird durch das State Administrative Tribunal eine Person gewählt und eingesetzt, die das Amt des Vertreters übernimmt.

Eine Registrierung der Erklärung ist nicht üblich. Soweit jedoch ein Grundstück im Vermögen des Vollmachtgebers ist, sollte die Erklärung mit der Registereintragung bei Landgate (State Government Authority, die das Register des Grundeigentums in Western Australia führt) hinterlegt werden, so dass mögliche in der Zukunft liegende Geschäfte bezugnehmend auf das Grundstück von dem Attorney durchgeführt werden können. Die Hinterlegung ist mit einer Gebühr belegt.

Als Attorney kann durch den Vollmachtgeber jede Person bestimmt und eingesetzt werden, die das Vertrauen des Vollmachtgebers besitzt. Es können auch zwei Attorney eingesetzt werden, die entweder gemeinsam oder in gewissen Bereichen alleine agieren können.

Im Unterschied zur deutschen Rechtslage, wird die Erklärung der Betreuung erst dann wirksam, wenn der Vertreter die Bevollmächtigung angenommen und dies durch Unterschrift bestätigt hat.

Der Attorney hat im Interesse des Vollmachtgebers nach Abschnitt 107 des Guardianship and Administration Act 1990 zu handeln. Das State Administrative Tribunal kann auf Anfrage intervenieren, sollte er nicht im Interesse des Vollmachtgebers handeln.

Nach dem Tod des Vollmachtgebers endet die Vollmacht automatisch.

Eine umfassende Vollmacht der Betreuung ist in Australien nicht vorgesehen. Zusätzlich sollte daher zumindest noch eine Erklärung im Sinne eines „Enduring Power of Guardianship“ aufgesetzt werden. Während der Attorney lediglich befugt ist, Entscheidungen bezüglich des Grundstücks und der Finanzen zu treffen, erstreckt sich die Befugnis des Guardian dagegen auf Entscheidungen der persönlichen Lebensführung und Behandlungen im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung für und im Interesse des Vollmachtgebers.

Darüber hinaus ermöglicht die sog. „Advance Health Directive“ Erklärung, ähnlich einer Patientenverfügung, Entscheidungen über mögliche Behandlungen in der Zukunft zu treffen. Diese hat Vorrang über die Autorität eines Guardian.

Weder der Vollmachtgeber, noch der Attorney müssen in Australien leben. Um diesen zu bestimmen muss jedoch die Erklärung nach australischem Recht vollständig und juristisch unanfechtbar sein. Bezüglich der Bezeugung einer nicht in Australien getätigten Erklärung sind weiterhin spezifische Anforderungen notwendig.

Im Anbetracht der Unterschiede zum deutschen Recht sollte frühzeitig rechtliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Wichtig ist hierbei, dass ein in Australien zugelassener Anwalt hinzugezogen wird, der sich nicht nur mit dem hiesigen Recht auskennt, sondern auch rechtswirksam in Australien handeln kann.

Dieser Beitrag enthält nur allgemeine Hinweise und stellt keine juristische Beratung dar. Eine solche ist nur unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls möglich.

Dirk Feinauer

Feinauer Commercial Lawyers

Perth, Western Australia, Australien