Australien: Vertretung von Menschen in Notfällen, falls diese selbst nicht mehr handeln können

In Australien gibt es, wobei insoweit nur begrenzt von Australien gesprochen werden kann, da es in den einzelnen „Bundesstaaten“ Landesgesetze zu diesen Rechtsbereichen gibt, keine Regelung, die automatisch Angehörige als gesetzliche Vertreter festsetzt. Kommt es zu einer Notsituation muss in New South Wales eine Entscheidung des sogenannten „Civil and Administrative Tribunal“ und „Guardianship Tribunal“ herbeigeführt werden, die eine vertretungsberechtigte Person bestimmt. In medizinischen Notlagen bestimmt der Guardianship Act 1987 (NSW) („GA“) in Paragraf 32 fortfolgende Familienangehörige oder nahestehende Personen als entscheidungsberechtigt, wenn kein „Appointment of Enduring Guardianship“ erfolgt ist. Paragraf 33A des GA stellt die verantwortlichen Personen in hierarchischer Reihenfolge dar.

Es gibt in Australien spezielle Vollmachten für diese Fälle.  

In New South Wales existieren die sogenannte „General Power of Attorney“, die „Enduring Power of Attorney“ und das „Appointment of Enduring Guardianship“. Vergleichbar mit einer deutschen General- und Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung. Die gesetzlichen Regelungen zu diesen Vollmachten finden sich, für den Bundesstaat New South Wales, in dem Powers of Attorney Act 2003 (NSW) („PAA“) und in dem GA. Für die weiteren sechs Bundesstaaten gibt es korrespondierende Regelungen. Wichtig sind für die „General Power of Attorney“ die Paragrafen 43 bis 52, für die „Enduring Power of Attorney“ die Paragrafen 17 bis 25 des PAA und für das „Appointment of Enduring Guardianship“ die Paragrafen 5 bis 6O des GA.

Den PAA und den GA können Sie in Englischer Sprache unter den folgenden zwei Links einsehen:
1. http://www.austlii.edu.au/au/legis/nsw/consol_act/poaa2003240/
2. http://www.austlii.edu.au/au/legis/nsw/consol_act/ga1987136/.

Die „General Power of Attorney“ ist keinen besonderen Erstellungsvoraussetzungen unterworfen. Sie ist aber auch nicht so umfangreich in ihren Machtbefugnissen und tritt dann außer Kraft, wenn der oder die Vollmachtgeber/in geschäftsunfähig wird. Für diesen Fall bedarf es der „Enduring Power of Attorney“. An diese Vollmachtserteilung sind höhere Anforderungen gestellt. Die Folgen und der Umfang der „Enduring Power of Attorney“ müssen dem oder der Vollmachtgeber/in von einem Rechtsanwalt oder einer vergleichbar qualifizierten Person erklärt werden und diese Person muss eine Urkunde unterzeichnen, dass der oder die VollmachtgeberIn verstanden hat, welchen Effekt die „Enduring Power of Attorney“ hat. Diese Person darf jedoch nicht selbst Bevollmächtigte/r werden. Dies wird von Paragraf 19 PAA geregelt.
Im Falle des „Appointment of Enduring Guardianship“ müssen der oder die Vollmachtgeber/in, der oder die Bevollmächtigte und ein geeigneter Zeuge, beispielsweise ein Rechtsanwalt, die Vollmachtsurkunde gemeinsam aufsetzen, vgl. Paragraf 6C GA und für die geeigneten Zeugen und die Anforderungen an den oder die Bevollmächtigte Paragraf 5 GA.

Der oder die Bevollmächtigte muss die Bevollmächtigung durch Unterzeichnung der Urkunde unter Anwesenheit einer zur Bezeugung qualifizierten Person annehmen. Eine Extrabestätigung ist aufgrund der Art und Weise der Vollmachtserteilung nicht notwendig.

Die „General Power of Attorney“ und die „Enduring Power of Attorney“ erlauben die Vertretung im Bereich des Vermögens, sei es Mobiliar oder Immobiliar und andere Bereiche mit rechtlichem Bezug. Für alle anderen Entscheidungen, die die Lebensweise und gesundheitliche Versorgung betreffen bedarf es des „Appointment of Enduring Guardianship“.

Die Vollmachten werden nur auf Antrag von den oben bereits erwähnten Gerichten kontrolliert und können von diesen auch widerrufen werden, vgl. hierzu Paragraf 6J-M sowie Paragrafen 7 bis 23 GA und Paragrafen 26 bis 42 PAA.

Weiterhin enden die Vollmachten mit dem Tod des Vollmachtgebers oder der Vollmachtgeberin. Das „Appointment of Enduring Guardianship“ endet beispielsweise, wenn der oder die Vollmachtgeber/in heiraten automatisch und eine neue Vollmachtserteilung müsste erfolgen, vgl. hierzu Paragraf 6HA GA. Hinzukommt, dass der oder die Vollmachtgeber/in die Vollmacht selbst, unter bestimmten Voraussetzungen, widerrufen kann, vgl. hierzu Paragraf 6H GA. Im Falle der „Enduring Power of Attorney“ jedoch nicht mehr nach Verlust der Geschäftsfähigkeit.

Eine staatliche Genehmigungsstelle für die Vollmachten gibt es nicht und diese müssen auch nicht registriert werden, außer wenn Grundstückseigentum von der Vollmacht erfasst ist. Ist dies der Fall, dann muss diese Vollmacht bei der das Grundbuch führenden Behörde „New South Wales Land and Property Information“ für ca. 100 AUD registriert werden. Es kann jedoch sinnvoll sein, die Vollmachten zu kopieren und an wichtige Personen, wie den / die Bevollmächtigen und

beispielsweise Ärzte zu übergeben. Ansonsten kann die „Enduring Power of Attorney“ beim „Registrar-General“ in dem „General Register of Deeds“ registriert werden. Im Falle eines Widerrufs muss dieser dann aber auch dort registriert werden, vgl. Paragraf 51 PAA.

Eine Vollmacht aus Deutschland würde in New South Wales aller Wahrscheinlichkeit nach, zumindest bei Grundstückstransaktionen oder, wenn der oder die Vollmachtgeber/in nicht mehr geschäftsfähig ist, nicht anerkannt werden. Für Personen mit Vermögen oder Grundstücken in Australien ist es daher unbedingt zu empfehlen, Vollmachten aufzusetzen, die den australischen Voraussetzungen angepasst sind, um unnötige Verfahrenshindernisse für den Ernstfall zu umgehen.

Michael Kobras
SCHWEIZER KOBRAS
Sidney, New South Wales, Australien